Das Wichtigste im Überblick
- Viele Arbeitsvertragsklauseln sind rechtlich unwirksam – insbesondere solche, die Arbeitnehmer unangemessen benachteiligen oder gegen zwingende gesetzliche Bestimmungen verstoßen
- Unwirksame Klauseln werden durch gesetzliche Regelungen ersetzt – der Arbeitsvertrag bleibt dennoch gültig, nur die problematischen Bestimmungen fallen weg
- Arbeitnehmer können sich auch nachträglich gegen unwirksame Klauseln wehren – eine frühzeitige rechtliche Prüfung kann erhebliche Vorteile bringen
Die Bedeutung wirksamer Arbeitsverträge
Arbeitsverträge bilden das Fundament jedes Beschäftigungsverhältnisses. Doch nicht alle Vereinbarungen, die Arbeitgeber in diese Verträge aufnehmen, sind rechtlich wirksam. Das deutsche Arbeitsrecht schützt Arbeitnehmer durch verschiedene Mechanismen vor unangemessenen Benachteiligungen und unwirksamen Klauseln.
Die Unwirksamkeit von Arbeitsvertragsklauseln kann verschiedene Ursachen haben: Verstoß gegen zwingendes Gesetzesrecht, Diskriminierungsverbote nach § 7 AGG (Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz) oder unangemessene Benachteiligung im Rahmen der AGB-Kontrolle nach §§ 305 ff. BGB i.V.m. § 310 Abs. 3 BGB. Für Arbeitnehmer ist es wichtig zu verstehen, welche Klauseln unwirksam sind, da sie sich nicht an diese halten müssen und stattdessen die gesetzlichen Regelungen gelten.
Rechtliche Grundlagen für die Wirksamkeitskontrolle
Die Kontrolle von Arbeitsvertragsklauseln erfolgt auf verschiedenen Ebenen. Zunächst prüft man, ob eine Klausel gegen zwingendes Gesetzesrecht verstößt. Zwingende gesetzliche Bestimmungen können nicht durch Arbeitsverträge abbedungen werden – sie gelten unabhängig von vertraglichen Vereinbarungen.
Eine zweite wichtige Prüfungsebene ist die AGB-Kontrolle nach §§ 305 ff. BGB i.V.m. § 310 Abs. 3 BGB. Arbeitsverträge unterliegen grundsätzlich der Inhaltskontrolle von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, wenn es sich um vorformulierte Vertragsbedingungen handelt, die für eine Vielzahl von Verträgen verwendet werden. Die Kontrolle umfasst insbesondere das Verbot überraschender Klauseln (§ 305c BGB), das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 S. 2 BGB) sowie die Inhaltskontrolle (§§ 307–309 BGB).
Das Transparenzgebot verlangt, dass Arbeitsvertragsklauseln verständlich und eindeutig formuliert sind. Mehrdeutige oder unklare Bestimmungen werden zu Lasten des Verwenders, also des Arbeitgebers, ausgelegt. Die Inhaltskontrolle prüft, ob eine Klausel den Arbeitnehmer entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt.
Häufig unwirksame Klauseln im Arbeitsvertrag
Unwirksame Befristungsklauseln
Befristungen von Arbeitsverträgen unterliegen strengen gesetzlichen Vorgaben nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG). Befristungen ohne sachlichen Grund sind nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich und zeitlich begrenzt. Eine Befristungsklausel ist unwirksam, wenn kein sachlicher Grund vorliegt und die Höchstdauer oder -anzahl von Verlängerungen überschritten wird.
Besonders problematisch sind sogenannte Kettenbefristungen, bei denen mehrere befristete Verträge hintereinander geschlossen werden. Hier greift etwa die Rechtsprechung des BAG unter Rückgriff auf das unionsrechtliche Missbrauchsverbot des EuGH, die eine fortgesetzte Befristung zur Umgehung des Kündigungsschutzes verhindern. Ist eine Befristungsklausel unwirksam, gilt der Arbeitsvertrag als unbefristet geschlossen.
Problematische Kündigungsklauseln
Kündigungsklauseln, die von den gesetzlichen Kündigungsfristen nach § 622 BGB zu Lasten des Arbeitnehmers abweichen, sind regelmäßig unwirksam – zulässig sind nur abweichende Vereinbarungen durch Tarifvertrag (§ 622 Abs. 4 BGB) oder einzelvertragliche Verlängerungen zugunsten des Arbeitnehmers (§ 622 Abs. 5 Satz 3 BGB). Ebenso unwirksam sind Klauseln, die dem Arbeitgeber ein außerordentliches Kündigungsrecht ohne wichtigen Grund einräumen oder die Kündigungsgründe unangemessen erweitern.
Auch Änderungskündigungsklauseln können unwirksam sein, wenn sie dem Arbeitgeber zu weitreichende Befugnisse zur einseitigen Vertragsänderung einräumen. Besonders kritisch sind pauschale Versetzungsklauseln oder Klauseln, die eine Änderung der Vergütung ohne sachlichen Grund ermöglichen.
Unwirksame Vergütungsklauseln
Bei der Vergütung gibt es verschiedene Klauseln, die häufig unwirksam sind. Dazu gehören Bestimmungen, die eine Vergütung unterhalb des gesetzlichen Mindestlohns vorsehen. Auch All-inclusive-Klauseln, die sämtliche Überstunden und Mehrarbeit mit dem Grundgehalt abgelten wollen, sind regelmäßig unwirksam, wenn sie nicht konkret und verständlich angeben, für welche Anzahl und unter welchen Voraussetzungen Überstunden abgegolten sind, und die Rechte des Arbeitnehmers eindeutig beschreiben. Fehlt es an dieser Bestimmtheit und Transparenz, verstößt die Klausel gegen § 307 BGB und ist unwirksam.
Provisionsklauseln müssen ebenfalls bestimmten Anforderungen genügen. Unwirksam sind etwa Bestimmungen, die dem Arbeitgeber erlauben, bereits verdiente Provisionen nachträglich zu entziehen oder die Provisionsberechnung intransparent gestalten. Auch Klauseln zur Rückforderung von Sonderzahlungen sind häufig unwirksam, wenn sie übermäßig lang nachwirken oder unangemessen weit gefasst sind.
Problematische Arbeitszeit- und Urlaubsregelungen
Arbeitszeitklauseln, die regelmäßig Arbeitszeiten von mehr als acht Stunden werktäglich vorsehen, sind unwirksam, wenn kein Ausgleich innerhalb von sechs Kalendermonaten oder 24 Wochen erfolgt. Ohne Ausgleich gilt die gesetzliche Grenze nach § 3 ArbZG. Auch Bereitschaftsdienstklauseln können unwirksam sein, wenn sie nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprechen.
Urlaubsklauseln, die weniger als den gesetzlichen Mindesturlaub von vier Wochen gewähren (vgl. § 3 BUrlG – bei einer 6-Tage-Woche 24 Werktage, bei einer 5-Tage-Woche 20 Arbeitstage), sind unwirksam. Problematisch sind auch Bestimmungen, die den Urlaubsanspruch an übermäßig lange Wartezeiten knüpfen.
Unwirksame Wettbewerbsverbote und Nebentätigkeitsklauseln
Nachvertragliche Wettbewerbsverbote unterliegen den Vorgaben der §§ 74 ff. HGB, die auch auf Arbeitnehmer entsprechend Anwendung finden. Ein Wettbewerbsverbot ist unwirksam, wenn es nicht schriftlich vereinbart wurde, länger als zwei Jahre dauert oder keine angemessene Karenzentschädigung vorsieht. Die Karenzentschädigung muss mindestens die Hälfte der zuletzt bezogenen Vergütung betragen.
Auch inhaltlich können Wettbewerbsverbote unwirksam sein, wenn sie räumlich, zeitlich oder sachlich zu weit gefasst sind. Ein Wettbewerbsverbot darf nur soweit reichen, wie es zum Schutz der berechtigten Geschäftsinteressen des Arbeitgebers erforderlich ist.
Klauseln zur Nebentätigkeit, die jede Nebenbeschäftigung pauschal verbieten, sind häufig unwirksam. Zulässig sind nur Beschränkungen, die zum Schutz berechtigter Arbeitgeberinteressen erforderlich sind. Ein pauschales Nebentätigkeitsverbot ist besonders bei Teilzeitbeschäftigten problematisch.
Unwirksame Vertragsstrafen und Schadensersatzklauseln
Vertragsstrafenklauseln sind häufig unwirksam, wenn sie unangemessen hoch sind oder sich auf Verhaltensweisen beziehen, die nicht kontrollierbar sind. Eine Vertragsstrafe muss in einem angemessenen Verhältnis zum geschützten Interesse und zum zu erwartenden Schaden stehen.
Pauschalierte Schadensersatzklauseln sind ebenfalls kritisch zu bewerten. Sie müssen sich an realistischen Schätzungen des zu erwartenden Schadens orientieren und dürfen nicht offensichtlich überhöht sein. Besonders problematisch sind Klauseln, die dem Arbeitnehmer für jeden Verstoß gegen Vertragsbestimmungen hohe Pauschalschadensersätze auferlegen.
Ausbildungs- und Fortbildungsklauseln
Rückzahlungsklauseln für Ausbildungskosten sind nur unter bestimmten Voraussetzungen wirksam. Die Klausel muss transparent formuliert sein, eine angemessene Bindungsdauer vorsehen und sich auf tatsächlich entstandene Kosten beziehen. Die Bindungsdauer sollte in einem angemessenen Verhältnis zur Dauer und zum Wert der Ausbildung stehen.
Unwirksam sind Rückzahlungsklauseln, die auch bei arbeitgeberseitiger Kündigung greifen oder keine angemessene degressive Staffelung vorsehen. Rückzahlungsklauseln müssen bestimmte Anforderungen erfüllen, um rechtswirksam zu sein: Die Rückzahlungspflicht muss degressiv gestaltet werden und mit der Zeit abnehmen. Außerdem ist nach dem Grund des Ausscheidens zu unterscheiden, damit der Arbeitnehmer nicht unangemessen benachteiligt wird. Die geltend gemachten Kosten müssen zudem nachvollziehbar und in angemessener Höhe sein.
Datenschutz- und Persönlichkeitsrechte
Arbeitsvertragsklauseln, die in die Persönlichkeitsrechte der Arbeitnehmer eingreifen, bedürfen besonderer Rechtfertigung. Unwirksame Klauseln sind etwa pauschale Einverständniserklärungen zur Datenverarbeitung, die nicht den Anforderungen der DSGVO entsprechen, oder Bestimmungen, die eine umfassende Überwachung der Arbeitnehmer erlauben.
Auch Klauseln zur privaten Internetnutzung oder zur Nutzung betrieblicher Kommunikationsmittel können unwirksam sein, wenn sie unverhältnismäßig in die Persönlichkeitsrechte eingreifen. Hier ist eine interessengerechte Abwägung zwischen den Belangen des Arbeitgebers und den Persönlichkeitsrechten des Arbeitnehmers erforderlich.
Praktische Tipps für Arbeitnehmer
Als Arbeitnehmer sollten Sie Ihren Arbeitsvertrag sorgfältig prüfen und bei Unklarheiten rechtlichen Rat einholen. Besonders wichtig ist es, unwirksame Klauseln frühzeitig zu identifizieren, da sich daraus erhebliche Vorteile ergeben können. Dokumentieren Sie Ihre Arbeitszeiten genau, insbesondere wenn All-inclusive-Klauseln im Vertrag stehen.
Bei Befristungen sollten Sie die Wirksamkeitsvoraussetzungen überprüfen lassen, bevor der Vertrag ausläuft. Ist eine Befristung unwirksam, können Sie die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses verlangen. Wichtig ist dabei, dass Sie entsprechende Schritte rechtzeitig einleiten.
Achten Sie auch auf Fristen: Viele arbeitsrechtliche Ansprüche unterliegen kurzen Verjährungsfristen oder Ausschlussfristen. Eine frühzeitige rechtliche Beratung kann verhindern, dass Ansprüche verfallen. Wenn Sie Zweifel an der Wirksamkeit von Vertragsklauseln haben, sollten Sie diese nicht einfach befolgen, sondern rechtliche Klärung suchen.
Bei der Verhandlung von Arbeitsverträgen ist es ratsam, kritische Klauseln anzusprechen und Alternativen vorzuschlagen. Oft sind Arbeitgeber bereit, problematische Bestimmungen zu ändern, wenn sie auf mögliche Unwirksamkeit hingewiesen werden.
Handlungsempfehlungen und Checkliste
- Arbeitsvertrag vor Unterzeichnung gründlich prüfen lassen
- Unklare oder verdächtige Klauseln hinterfragen
- Bei Befristungen die Wirksamkeitsvoraussetzungen überprüfen
- Arbeitszeit- und Überstundenregelungen kritisch bewerten
- Arbeitszeiten detailliert dokumentieren
- Bei Vertragsänderungen erneute Prüfung vornehmen
- Fristen für die Geltendmachung von Ansprüchen beachten
- Bei Problemen frühzeitig rechtlichen Rat einholen
- Dokumentation der relevanten Umstände sammeln
- Rechtliche Beratung in Anspruch nehmen
- Gegebenenfalls außergerichtliche Klärung versuchen
- Bei erfolglosen Gesprächen gerichtliche Schritte erwägen
Wichtig ist dabei immer eine einzelfallbezogene Bewertung. Was in einem Fall unwirksam ist, kann in einem anderen Fall durchaus zulässig sein. Die Wirksamkeit von Arbeitsvertragsklauseln hängt oft von den konkreten Umständen und der spezifischen Formulierung ab.
Wenn Sie regelmäßig rechtliche Unterstützung bei arbeitsrechtlichen Fragen benötigen, kann es sinnvoll sein, eine dauerhafte Beratungsbeziehung aufzubauen. So können problematische Entwicklungen frühzeitig erkannt und vermieden werden.
Häufig gestellte Fragen
Was passiert, wenn eine Klausel in meinem Arbeitsvertrag unwirksam ist?
Die unwirksame Klausel fällt weg und wird durch die entsprechende gesetzliche Regelung ersetzt. Der Rest des Arbeitsvertrags bleibt gültig. Sie müssen sich nicht an unwirksame Bestimmungen halten.
Kann ich auch nachträglich gegen unwirksame Klauseln vorgehen?
Ja, Sie können auch nachträglich gegen unwirksame Klauseln vorgehen. Beachten Sie jedoch mögliche Verjährungs- oder Ausschlussfristen, die in Ihrem Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag geregelt sein können.
Sind All-inclusive-Klauseln für Überstunden grundsätzlich unwirksam?
Nicht grundsätzlich, aber sie müssen bestimmte Anforderungen erfüllen. Sie müssen transparent regeln, welche Arbeitsleistungen erfasst sind, und die Vergütung muss angemessen sein. Pauschale Formulierungen sind oft unwirksam.
Wann ist eine Befristung unwirksam?
Eine Befristung ist unwirksam, wenn kein sachlicher Grund vorliegt und die gesetzlichen Höchstgrenzen (zwei Jahre Dauer bzw. drei Verlängerungen) überschritten werden oder wenn es sich um eine missbräuchliche Kettenbefristung handelt.
Kann mein Arbeitgeber Nebentätigkeiten pauschal verbieten?
Nein, pauschale Nebentätigkeitsverbote sind meist unwirksam. Zulässig sind nur Beschränkungen, die zum Schutz berechtigter Arbeitgeberinteressen erforderlich sind, etwa bei Konkurrenz- oder Interessenkonflikten.
Sind Rückzahlungsklauseln für Fortbildungen immer wirksam?
Nein, Rückzahlungsklauseln müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllen: angemessene Bindungsdauer, transparente Kostenaufstellung und degressive Staffelung. Sie dürfen nicht bei arbeitgeberseitiger Kündigung greifen.
Was kann ich tun, wenn mein Arbeitgeber behauptet, eine Klausel sei wirksam?
Lassen Sie die Klausel rechtlich prüfen. Oft sind Arbeitgeber nicht über die aktuelle Rechtslage informiert. Eine fundierte rechtliche Einschätzung kann helfen, Ihre Position zu stärken.
Muss ich unwirksame Klauseln befolgen, bis ein Gericht darüber entschieden hat?
Grundsätzlich nicht, aber seien Sie vorsichtig. Bei offensichtlich unwirksamen Klauseln können Sie sich darauf berufen, dass sie nichtig sind. Bei Zweifeln sollten Sie rechtliche Beratung einholen.
Können auch Klauseln in Aufhebungsverträgen unwirksam sein?
Ja, auch Aufhebungsverträge können unwirksame Klauseln enthalten, etwa überhöhte Rückzahlungsverpflichtungen oder unzulässige Wettbewerbsverbote. Prüfen Sie Aufhebungsverträge besonders sorgfältig, da hier oft nachteilige Regelungen versteckt sind.